Auf der Blocklanddeponie befindet sich ein Aussichtspunkt. Ein kreisrunder Platz von 25 Metern Durchmesser, lückenhaft umstanden von bis zu vier Metern hohen schrottreifen Hafenspundbohlen.
Aus gut 40 Metern Höhe sieht man, wenn man sich südlich wendet, die Stadt Bremen vor sich liegen. Dreht man sich um, dehnen sich endlose Wiesen und leichte, baumbestandene Erhebungen.
Der Metallkreis zitiert in seiner Anmutung und astronomischen Ausrichtung einen Steinkreis: Das weltberühmte Stonehenge.
Im Arbeitstitel hieß der Metallkreis darum Metalhenge, was sich später auch als Benennung durchsetzte. Das Zitat ist deshalb so wichtig, weil sofort das verehrungswürdige und faszinierende Stonehenge assoziiert wird.
Aber warum steht so etwas auf einem Müllberg?
Der Müllberg liegt auf dem Schnittpunkt unseres Daseins: Schauen wir die Stadt an, sehen wir unsere Gegenwart, unsere Lebensweise, unsere Weltauffassung. Und wir sehen, woher der Berg stammt, auf dem wir stehen.
Wenden wir uns um, sehen wir, woher wir stammen: Aus einer horizontweiten Natur, deren Gesetze immer gelten, aber für uns heutige kaum zu spüren sind. Metalhenge markiert diesen Schnittpunkt durch die Erinnerung an ein jahrtausendealtes, erhabenes Symbol, ein gut untersuchtes und dennoch geheimnisvolles Kulturgut ersten Ranges. Metalhenge behauptet so unseren zu Bergen aufgeworfenen Müll als eine Kulturleistung. Deshalb steht es an dieser Stelle.
Der Müll ist wirklich eine Kulturleistung, stinkend, gefährlich, abstoßend, versteckt und doch mit äußerster, allgemeinsamer Raffinesse und Anstrengung erschaffen.
Text: Thomas Roth